Das Wikipedia-Prinzip und die Wirkung auf SEO (inkl. Case)

Wikipedia-Prinzip

In diesem Blogbeitrag möchte ich dir zeigen, ob ein Wiki-Format, auch Internet-Lexikon oder Enzyklopädie (Nachschlagewerk) genannt, dein SEO verbessern kann und wie Wikipedia es geschafft hat, eine so hohe Sichtbarkeit bei Google zu erhalten.

Unterschied: Wiki vs. Lexikon (Glossar)

Glossare, Lexika und Enzyklopädien sind Nachschlagewerke für Begrifflichkeiten inklusive Erklärungen. Der Unterschied: ein Wiki ist eine Enzyklopädie, deren Informationen von den Usern nicht nur gelesen, sondern auch angepasst werden können. Ein Lexikon und Glossar sind in der Regel nicht von den Usern veränderbar.

Der Erfolg von Wikipedia

Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia ist eine der größten Seiten im Web, was Traffic und Sichtbarkeit angeht. Laut Statista.com belief sich die Anzahl der Visits im März 2020 auf 5,28 Milliarden. Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1021463/umfrage/anzahl-der-visits-pro-monat-von-wikipediaorg/

Die zahlreichen Informationen, die dort durch die große Community zusammengetragen und fachlich immer wieder überprüft und ergänzt werden, die suchmaschinenfreundliche Informationsarchitektur, die vielen Backlinks und vieles mehr tragen dazu bei, dass diese Enzyklopädie in den organischen Suchergebnissen so erfolgreich ist.

Immer mehr Websites ahmen daher das Erfolgsmodell von Wikipedia nach. Ein bekanntes Beispiel aus der SEO-Szene ist das sehr geschätzte Ryte Wiki. Laut Sistrix ist dieses Wiki organisch ein voller Erfolg.

Wiki Ryte
Abb.: Die Sichtbarkeit von Ryte Wiki laut Sistrix (to the moon!)

Doch was macht Wikipedia so besonders? Warum sind Wikis, aber auch Lexika oder Glossare, so erfolgreich? Ist es letzten Endes egal, ob die Inhalte in einem Wiki platziert sind?

Der Aufbau von Wikipedia

Wikipedia ist eine reine Informationsplattform und wird gemäß Publikumsnachfrage und Verbreitung zu den Massenmedien gezählt. Wie kann so eine Plattform mit so vielen Seiten und Informationen es schaffen, dass Google und seine Nutzer Wikipedia entsprechend oft besuchen und mit guten Rankings belohnen?

Wie ist der Content aufgebaut?

Der Aufbau der Inhalte auf Wikipedia wird in der Formatvorlage selbst erklärt: https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Formatvorlage/Musterartikel. In der Regel enthält bereits die Einleitung eine Begriffsklärung. So wird z. B. der Begriff „SEO“ schon vorab definiert und die Frage „Was ist SEO?“ wird ohne lange Einleitung oder sonstiges Blabla direkt als erstes im sichtbaren Bereich, above the fold, beantwortet. Meist wird der Begriff mit nur wenigen Sätzen erklärt.

Beispiel wiki
Abb.: Einleitung: Hier wird der Begriff direkt erklärt

Auf die Einleitung folgt das bekannte Table of Contents, das Inhaltsverzeichnis. Hier kann der User mittels Sprungmarken direkt zu den für ihn interessanten Themen im Text springen. Das ist besonders nutzerfreundlich, da sich hier jeder schnell orientieren kann.

Inhaltsverzeichnis
Abb.: Inhaltsverzeichnis

Danach wird, im Fall des Wiki-Artikel über SEO, stark auf Details eingegangen. Die meisten Wikipedia-Artikel sind mit sehr viel Content bestückt und bieten umfassende Informationen zu verschiedenen Unterpunkten. So wird im SEO-Artikel auf OnPage-Optimierung und OffPage-Optimierung eingegangen, auf technische Optimierungen und vieles mehr. Jeder, der sich mit dem Thema SEO auseinandersetzen möchte, hat hier einen Starterartikel, der alles wichtige schnell erklärt.

Ebenfalls bei keinem Wiki-Artikel wegzudenken: die Quellenangaben. Wie bei jeder Bachelor- oder Masterarbeit haben die Autoren auch hier die Aufgabe, Quellen als Beweise für ihre Aussagen anzuführen.

Weblinks
Abb. Quellen und Weblinks

Durch die Art des Aufbaus wird besonders der informationsgetriebene Search Intent befriedigt. Jeder, der etwas wissen möchte, findet schnell eine Antwort auf Wikipedia.

Und die Community?

Wikipedia bietet jedem die Möglichkeit, Artikel zu überarbeiten und miteinander über Themen zu diskutieren. Allerdings müssen Änderungen vorab freigegeben werden, damit Spamer keine Chance haben, Artikel zu manipulieren.

Hierin liegt eine besondere Stärke der Plattform: Dank Schwarmintelligenz werden die Texte immer weiter optimiert und auf den neuesten Stand gebracht.

Informationsarchitektur

Wikipedia weist eine sehr flache Informationsarchitektur auf. Es gibt keine Tiefe, in der sich die Inhalte verstecken können. Jeder Artikel ist mit wenigen Klicks aufrufbar. Außerdem werden die Themen nach Ober- und Unterkategorien sowie zugehörigen Begriffen gegliedert und stets miteinander verlinkt. Besonders die Vielzahl an internen Links hilft Google, die Website erfolgreich nach neuen Informationen zu crawlen.

Linkprofil

Wikipedia betreibt keinen aktiven Linkaufbau und daher sind alle Backlinks organisch platziert worden. Google dürfte diesem Linkprofil deshalb besonders viel Vertrauen schenken. Viele Artikel haben stellenweise über 10 % und mehr an harten Ankertexten. Der Artikel über „Badmiton“ hat z. B. sogar zu 30 % den exakten Ankertext „Badminton“.

Stellenweise gibt es Unterseiten mit 30 % Anteil an exakten Ankertexten.

Die Plattform hat über die Jahre Millionen von Backlinks ganz von alleine bekommen. Ein immenses Vertrauenssignal an Google …

Also was macht Wikipedia richtig?

Zusammengefasst lässt sich der Erfolg von Wikipedia anhand einiger Punkte aufzählen:

  • Lexikalischer Content: Alles für den User, kein Schnickschnack, der Begriff / das Thema (Keyword) wird sofort in der Einleitung erklärt.
  • Sauber strukturierter Text: Durch Inhaltsverzeichnis, Zwischenüberschriften, Fettmarkierungen und vieles mehr findet der Leser sich schnell zurecht.
  • Die Artikel haben Tiefe: nicht nur eine einfache Erklärung, viele Themen werden umfassend erläutert.
  • Jeder Artikel muss mit Quellen belegt sein, dazu gibt es die Zwischenüberschriften Literatur, Quellen und Weblinks.
  • Eine aktive Community: diese passt alle Artikel immer wieder an oder erstellt neue Themen auf Wikipedia.
  • Flache Informationsarchitektur: Über das Menü und Punkte wie „Themenportale“ ist jeder Artikel auf der Plattform mit wenigen Klicks (max. 5) erreichbar. Dadurch kann auch Google besser auf die Inhalte zugreifen.
  • Das Linkprofil ist extrem stark: Sehr viele Websites verlinken Wikipedia immer wieder als Quelle.

Abwandlung von Wikis: Glossare und Lexika – Nachschlagewerke kommen bei Google einfach gut an

In der SEO-Welt sind das Lexikon der SEO Küche und das Glossar von SEM-Deutschland sehr bekannt durch ihre hohe Sichtbarkeit. Auch wenn diese keine „Wikis“ sind, da die Texte nicht durch eine Community veränderbar sind, hier wird die Erfolgsformel der Enzyklopädie Wikipedia übernommen:

  • Die Texte behandeln die Themen nicht oberflächlich, sondern gehen stellenweise sehr tief ins Detail und werden möglichst umfassend behandelt;
  • Der lexikalische Aufbau der Texte erfüllt die Bedürfnisse der User und macht damit auch Google glücklich;
  • Es gibt kein Geschwafel – in der Einleitung wird direkt erklärt, worum es sich bei einem Thema handelt;
  • Die flache Informationsarchitektur sorgt dafür, dass jeder Artikel über eine Übersichtsseite mit nur 2-3 Klicks erreicht werden kann.
  • Durch die hohe Anzahl an qualitativ hochwertigen Content steigt der Trust und damit auch die Relevanz der Website in den Augen von Google = die gesamte Qualität der Website wird erhöht und damit steigen die Rankings

Was kann man von Wikipedia für die Suchmaschinenoptimierung lernen? Muss ich jetzt auch ein Wiki oder Lexikon haben?

Das Wichtigste zuerst: Nein, du musst kein Wiki, Glossar oder Lexikon haben, um gute Rankings zu erreichen. Wikipedia und andere Internet-Lexikonformen performen so gut, weil sie ganzheitlich und klar strukturiert sind und der Content auf den Punkt kommt. Außerdem beantworten die Artikel vor allem informationsgetriebene Suchanfragen und geben mit ihrem Text einen echten Mehrwert (Informationen zum Thema, die man sonst nicht so leicht findet). Der Erfolg hat also nichts mit dem Namen zu tun! Du könntest das auch Blog, Magazin oder sonst wie nennen.

Der Content ist einfach perfekt für Google User: Ohne Werbung, Störsätze oder langes Geschwafel. Der Nutzer kann sich seine Antwort sofort raussuchen und sich dann wieder mit anderen Dingen beschäftigen.

Diese Art von Inhalten kann auch lexikalischer Content genannt werden. Genau so etwas liebt Google. Bei unserem folgenden Case sieht man, dass diese Art des Contents für Google eine Vertrauensbasis schafft. Dadurch sind bei der Website im Case auch reine Werbe-/Leistungsseiten zu transaktionalen Suchbegriffen mitgezogen worden zu TOP-Positionen.

Unser Case: QTRADO Logistics

Für die Website qtrado-logistics.de haben wir nun seit einiger Zeit die Optimierung für die Suchmaschinen übernommen. Seit Anfang des Jahres haben wir zusammen mit dem Marketingteam ein Wiki (man könnte es auch anders nennen – das ist egal), ein Sammelwerk an Begrifflichkeiten aus der Logistikwelt, erstellt.

Jedes Thema wird dabei so umfassend wie es geht beantwortet. Es werden die für Wikipedia üblichen Einleitungen geschrieben: kein langes Intro, der Begriff wird innerhalb weniger Sätze sofort erklärt und weitere Folgefragen werden im Fließtext beantwortet. Jeder Artikel hat somit eine gewisse Tiefe und einen hohen Informationsgehalt.

Es gibt eine gute interne Verlinkung: jeder Artikel wurde sinnvoll intern verlinkt und kann über eine große „Wiki-Übersichtsseite“ sofort angesteuert werden. So ist jeder Artikel von der Startseite aus mit 2 Klicks aufrufbar.

Die Text-Struktur ist sauber, der Besucher kommt auf die Website und findet eine Antwort auf seine Frage. Dabei haben wir die Texte stetig optimiert bzw. sind weiterhin dran, um so die perfekten Texte zu erhalten.

Die Ergebnisse sind spannend: So hat die Website bereits zu zahlreichen shorthead Keywords mit hohem Suchvolumen ordentliche Rankings erreicht:

Wiki Beispiel Kunde
Abb.: Auszug der Rankings am 02.05.2020

Hier wurden TOP Rankings erreicht zu wichtigen Begrifflichkeiten wie „Logistik“ (Suchvolumen über 22.000 im Monat), „Produktionslogistik“, „Spediteur“ und vielen mehr.

Das Interessante dabei: die Leistungsseiten und die Startseite wurden auf transaktionale Keywords optimiert, wie „Logistik Krefeld“ – diese haben sich ebenfalls deutlich verbessert (aktuell Platz 1.). Durch den Wiki-Ansatz scheint Google dieser Website besonderes Vertrauen zu schenken, weshalb auch die Leistungsseiten in den Rankings mit nach vorne kamen.

Beispiel Rankings
Abb.: Auch die Leistungsseiten haben durch das Wiki zusätzlich an Sichtbarkeit gewonnen: Hier der Rankingverlauf zum Keyword „Logistik Service“

Zusammenfassung

  • Deine Website braucht kein Wiki oder Glossar, um gute Rankings zu bekommen. Es geht um die Anzahl und Qualität der Inhalte, damit die Website Trust von Google erhält und damit an Relevanz gewinnt.  Das lässt sich durch ein großes Wiki oder Glossar gut erreichen, geht aber auch über einen Blog oder Ratgeber-Bereich. Der SEO-Blogger Backlinko hat zum Beispiel einen „SEO Hub“ https://backlinko.com/hub/seo mit allen wichtigen Begriffen und Tutorials für Einsteiger.
  • Wiki-Artikel beantworten (wenn Sie richtig aufgebaut sind) den informationsgetriebenen Search Intent besonders gut. Sie sind sachlich neutral geschrieben und die Antwort auf die Frage „Was ist Thema xyz?“ ist in der Einleitung sofort ersichtlich. Durch Quellenverweise werden die Aussagen belegt und der Autor kann seine Expertenkenntnisse zeigen. Besonders für YMYL Websites im Bereich E-A-T ist dies sehr wichtig geworden!
  • Ein Wiki bzw. mehrere Wiki-Artikel können die Gesamtqualität (den inhaltlichen Mehrwert) einer Website steigern und damit auch den Trust (und die Relevanz) in den Augen von Google erhöhen. Dabei ist es egal, ob die Artikel „Wiki“ heißen oder sonst wie. Es geht um den Inhalt: Durch die Begriffserklärungen werden vor allem Anfänger an ein Thema herangeführt und der informationelle Search Intent wird (wenn der Content richtig aufgebaut ist) bestmöglich beantwortet.
  • Unser kleiner Case von QTRADO Logistics zeigt ebenfalls: Durch die Wiki-Artikel sind auch die Leistungsseiten der Domain in den Rankings nach vorne gekommen. Durch das Logistik-Wiki sind also der Trust und die Relevanz bei Google gestiegen.
  • Oftmals wird nur versucht, einzelne Leistungsseiten zu optimieren und dabei die Gesamtqualität der Inhalte außer Acht gelassen. Ein falscher Ansatz: Es muss immer die gesamte Website bei der Optimierung beachtet werden.
  • Weiterer Beweis: Langsame Verschlechterungen der Rankings sind ein Zeichen für die gesunkene Relevanz einer Website (laut Googlesprecher John Müller): https://www.seo-suedwest.de/5816-google-langsame-verschlechterungen-der-rankings-sind-zeichen-fuer-gesunkene-relevanz-einer-website.html.
John Müller Aussage bei Google
John Müller (Google) über fallende Rankings im Zusammenhang mit fehlender Relevanz einer Website

Und jetzt du! Was ist deine Meinung zum Thema Wiki und Glossar? Konntest du damit bereits Erfahrungen (positive wie auch negative) sammeln?

4 Kommentare zu „Das Wikipedia-Prinzip und die Wirkung auf SEO (inkl. Case)“

  1. Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen, unsere Sichtbarkeit ist exorbitant durch die Wiki gestiegen. Klasse Teamarbeit, macht mega Spaß mit dem Team von Farbentour zusammen zuarbeiten :-). Weiter geht’s.

  2. Hallo Fabian,
    sehr interessanter Artikel (auf den ich über Zielbar gekommen bin) und ein witziger Zufall. Ich bin seit ein paar Tagen selbst an der Erstellung eines Wikis zum Thema App Entwicklung dran, und möchte testen, ob sich so ein lexikalischer Aufbau auch für eine Landingpage im Online Marketing eignet. Falls ja, würde ich das Modell auch für Kunden anbieten.
    Ich habe als Texterin selber ein paar Artikel für das Ryte-Wiki geschrieben, meine aber nicht, dass es Lesern möglich ist, dort wie bei Wikipedia Artikel zu ändern.

    Generell bin ich aber ein Fan von Wikis – kurz, prägnant und sofort informiert.
    Leider bestehen die meisten Ratgeber im Web aus ausgeblähtem Fillcontent, bei dem man erst über eine Einleitung, ein Video, einen Exkurs zur Entstehungsgeschichte und weiteres Geschwafel scrollen muss, um die Antwort auf eine Frage zu finden. Wenn ich z.B. ein Rezept für Kartoffelsuppe suche, interessiert mich doch nicht, dass das Wort Kartoffel sich von Tartufolo ableitet, das Gemüse von den Anden im westlichen Venezuela zu uns gekommen ist, es 23 verschiedene Arten gibt und sie die Leibspeise der Deutschen ist… aber ich schweife ab. :)

    Danke, dass du die Vorteile eines Wikis hier einmal so übersichtlich auf den Punkt gebracht hast. Ich werde mir diesen Artikel einmal bookmarken und bei Gelegenheit als Quelle in einem meiner Wikis verlinken. ;)

    Gruß
    Fenja

    1. Hi Fenja,
      danke dir für den Kommentar. Man kann beim Ryte Wiki „Verbesserungsvorschläge“ einreichen. Unter jeder Zwischenüberschrift findet man ein „Bearbeiten“ Link und kann dort Änderungsvorschläge usw. eintragen. Ist nach meiner Meinung aber nicht so offen wie bei Wikipedia.org und daher lässt sich sicherlich streiten ob das Ryte Wiki jetzt ein echtes „Wiki“ ist oder nicht ;-).

      Bzgl. Fillcontent: Da sprichst du was wahres an! Textwüsten, die nicht auf den Punkt kommen, sind wirklich schlimm. Da ist mir der sachliche Wiki-Schreibstil ebenfalls lieber.

      Grüße
      Fabian

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert